Bei Neubauten spielt Photovoltaik eine zentrale Rolle – egal ob sie direkt installiert wird oder erst Jahre später. In der Praxis zeigt sich jedoch häufig:
Die Berücksichtigung einer PV-Anlage in der Architekturplanung kommt oft zu spät.
Das führt zu:
- höheren Kosten,
- komplizierten Nachrüstungen,
- schlechten Kabelwegen,
- unnötigen Zählerschrankumbauten.
Dabei können Architekten mit wenigen einfachen Vorbereitungen enorme Vorteile für ihre Bauherren schaffen. Dieser Leitfaden zeigt, wie Photovoltaik im Neubau richtig vorbereitet wird und was bei Kabeln, Zählerschrank, Messkonzept und Dachflächen unbedingt zu beachten ist.
1. Photovoltaik-Vorbereitung auf dem Dach – Was der Dachdecker beachten sollte
Eine saubere Dachvorbereitung ist der Schlüssel für eine wirtschaftliche und technisch einwandfreie PV-Installation.
Wichtige Punkte für die PV-Planung auf dem Dach
- Frühzeitig ein Leerrohr vom Dach zum Technikraum einplanen (DN 32–40).
- Möglichst gerader Verlauf, maximal zwei 90°-Bögen.
- Bei Neubauten Dachaufbauten so gestalten, dass PV-Flächen nicht durch Kamine, Lüfter oder Gauben unnötig eingeschränkt werden.
- Gerne können wir, wenn wir früh genug einbezogen werden, eine Planung erstellen und dem Dachdecker die Befestigungspunkte für die Solaranlage einzeichnen.
- Standzeiten für das Gerüst berücksichtigen. Die Montage der Solaranlage dauert, abhängig von der Größe der Anlage, mindestens 2-3 Tage.
String-Planung: Wie viele PV-Module passen in einen Strang?
Ein zentrales Thema für die spätere elektrische Auslegung:
- Richtwert: Ein String umfasst ca. 22 Module.
- Mehr als 22 Module auf einer Fläche → zusätzlicher String → zusätzliches DC-Kabelpaar notwendig.
Warum?
Die maximale Stringspannung darf nicht überschritten werden – abhängig vom Wechselrichter.
Eigene Strings pro Dachfläche
Jede Dachfläche benötigt einen eigenen String aufgrund von:
- unterschiedlicher Ausrichtung,
- verschiedener Neigung,
- eigenem MPP-Tracker (MPPT) am Wechselrichter.
Das ist essenziell für die Effizienz der Photovoltaikanlage.
2. Photovoltaik richtig vorbereiten: Was der Elektriker beachten sollte
Eine PV-Anlage funktioniert nur so gut wie ihre elektrische Basis.
Notwendige PV-Kabel und Leitungen
Für jeden String müssen folgende Leitungen verlegt werden:
1. Gleichstromleitung
- Typ: 2 x H1Z2Z2-K 6,0 mm²
- Für jede Dachfläche bzw. jeden String ein separates Kabelpaar.
2. Erdungsleitung
- Empfehlung: H07RN-F 1×6 mm²
- Muss bis zum Hauptpotentialausgleich (HPA) geführt werden.
Beispiel für Architekten:
3 Dachflächen → 6 Strings → 3 DC-Kabelpaare + 1 Erdung
Diese Vorbereitung kostet im Rohbau nur wenige Euro – später schnell vierstellige Beträge.
3. Zählerschrank für Photovoltaik – Was Architekten einplanen müssen
Der Zählerschrank ist eine der wichtigsten Stellschrauben bei der Photovoltaikplanung im Neubau.
Wichtige Bausteine im Zählerschrank für PV
Platz für das Energymeter
Ein Energymeter misst:
- Netzbezug
- Einspeisung
- Eigenverbrauch
Es benötigt:
- 3 Teilungseinheit im Zählerschrank
- Platz für Datenkommunikation zum Wechselrichter
3-polige Absicherung
Abhängig von der Wechselrichterleistung:
- 16A / 20A / 25A
→ zusätzlicher Sicherungsblock mit 3 TE
Platzreserve für Notstrom/Ersatzstrom
Bei späterem Wunsch nach:
- Notstromfunktion
- Ersatzstromsystem
- automatischem Umschalter (ATS)
werden weitere TE benötigt, im Ideallfall sollten 1-2 Reihen in der Unterverteilung frei bleiben.
Jetzt einplanen, später Geld sparen.
4. Messkonzept: Überschusseinspeisung vs. Kaskadenmessung
Viele Architekten sind unsicher, welches Messkonzept sinnvoll ist – insbesondere in Kombination mit Wärmepumpen.
Klassische Überschusseinspeisung (Standardmesskonzept)
- Ein Zwei-Richtungszähler misst Bezug & Einspeisung.
- PV-Strom deckt zuerst den Haus- & Wärmepumpenbedarf, Überschuss geht ins Netz.
Vorteile
- Günstig
- Einfach
- Wenig Platzbedarf im Zählerschrank
- Kein weiteres Zählerfeld und Zählermiete notwendig
Nachteile
- Keine getrennte Messung für Wärmepumpentarife möglich
Kaskadenmessung (Bei Wärmepumpe oft sinnvoll)
Wie funktioniert die Kaskadenmessung?
- Mehrere Zähler (Haus, WP) werden hintereinander geschaltet.
- Erlaubt präzise Verbrauchszuordnung.
Vorteile
- Ideal bei Wärmepumpen-Sondertarifen
- Transparente Messung
- Flexible Tarifgestaltung
Nachteile
- Höherer Platzbedarf (2 Zählerfelder)
- Höhere Installationskosten
- Komplexe Abrechnung mit der manche Netzbetreiber immer noch Probleme haben (Netzgebiet der Stadtwerke Rüsselsheim bietet keine Kaskadenmessung an)
Mehr Informationen in unserem Blog-Beitrag Wärmepumpe & Photovoltaik: Welches Messkonzept ist für Sie sinnvoll?
5. Platzbedarf für Wechselrichter & Batteriespeicher
Der Technikraum wird oft zu knapp geplant – mit Folgen.
Empfohlene Mindestflächen
Wechselrichter
- 1,30 m × 1,30 m freie Wandfläche
- Gute Belüftung beachten
- Kein Platz hinter Türen oder in Ecken
Batteriespeicher
Abhängig von:
- Wand- oder Bodenmontage
- Kapazität / Modulanzahl
Typische Maße:
- Wandmontage: 60–80 cm Breite, 1–1,2 m Höhe
- Bodenmontage: ähnlich einem kleinen Kühlschrank
- Freiraum vorne: ca. 50 cm
7. Fazit: Warum PV-Vorbereitung schon in der Bauphase so wichtig ist
Eine gute Photovoltaikplanung spart:
- hohe Nachrüstkosten
- Zeit & Umbauten
- Ärger mit Netzbetreibern und Elektrikern
- Verzögerungen bei der Installation
Architekten, die PV von Anfang an mitdenken, schaffen echten Mehrwert für ihre Bauherren.
Merksatz:
Je früher Photovoltaik in der Architektur berücksichtigt wird, desto günstiger, sauberer und effizienter wird die Umsetzung.